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Fred Uhlman - ein jüdisches Schicksal - Mario Spalj

Fred Uhlman – ein jüdisches Schicksal

Staatsgalerie Stuttgart präsentiert erstmals Grafikzyklus

Der Himmel düster, links im Vordergrund ein verdorrter Baum, an dessen Zweigen leblose Leiber hängen, darunter ein Skelett. Und inmitten dieser apokalyptischen Szenerie als hell erleuchteter Hoffnungsschimmer: eine Mädchenfigur im hellen Kleid mit einem aufgestiegenen Luftballon. „Landschaft mit Erhängten“ nannte Fred Uhlman diese Zeichnung, die er seiner am 3. Juli 1940 geborenen Tochter widmete.

Die Grafik ist Teil des seinerzeit auf der Insel Man entstandenen Zyklus „Captivity“ (deutsch: Gefangenschaft). Er ist nun ab 21. Mai in der Ausstellung „Trotz allem: Fred Uhlman – ein jüdisches Schicksal“ im Grafik-Kabinett der Staatsgalerie Stuttgart zu sehen. Mit der Landeshauptstadt ist das Schicksal des jüdisch Künstlers eng verbunden, der am 19. Januar 1901 als Manfred Uhlmann in Stuttgart geboren wurde. Ab 1925 arbeitete er hier als Rechtsanwalt und war als Mitglied in der SPD aktiv.

Grafikzyklus entsteht im Exil auf der Insel Man

Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung floh Uhlman im März 1933 nach Frankreich und begann autodidaktisch zu malen. 1936 zog es Uhlman weiter nach England, wo er im November Diana Croft heiratete und 1985 in London starb. Ironie des Schicksals: Aufgrund seiner deutschen Herkunft wurde Uhlman im Juni 1940 verhaftet und musste als Kriegsgefangener für sechs Monate in das sogenannte „Lager der Künstler“ auf der Isle of Man.

Dort entstand der eingangs erwähnte Zyklus, aus dem Uhlman nach Kriegsende 38 Zeichnungen der Staatsgalerie schenkte. Dem Stuttgarter Rathaus übergab er später ein Exemplar seiner 1960 erschienenen Autobiografie „The Making of an Englishman“ (deutscher Titel: „Erinnerungen eines Stuttgarter Juden“), das Uhlman handschriftlich mit „Der Stadt Stuttgart. Trotz Allem“ signierte. Daher stammt das Zitat im Titel der Ausstellung in der Staatsgalerie, die nun erstmals diese Werke in Stuttgart präsentiert.

Jubiläumsjahr würdigt jüdisches Leben in Deutschland

Die Schau ist Teil der Feierlichkeiten zum Jubiläumsjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“, obwohl auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands richtiger wäre. Schließlich gehörte im 4. Jh. n. Chr. das Gebiet südlich des Limes zum Römischen Reich.

In seiner Rede zum Auftakt des Jubiläumsjahres 2021 betonte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Juden hätten in der Philosophie, Kunst, Wissenschaft, Medizin und Wirtschaft „unsere Geschichte mitgeschrieben und -geprägt und unsere Kultur leuchten lassen“. Für das Festjahr wünsche er sich ein klares Bekenntnis, dass „Jüdinnen und Juden in Deutschland ein Teil von uns sind“.

Der runde 1700. Jahrestag bezieht sich auf ein schriftlich überliefertes Gesetz vom 11. Dezember 321, wie es auf der offiziellen Webseite zum Jubiläumsjahr heißt. An diesem Tag erließ der römische Kaiser Konstantin ein Edikt, wonach „Juden städtische Ämter in der Kurie, der Stadtverwaltung Kölns, bekleiden dürfen und sollen“. Damit erhielten jüdisch gläubige Einwohner in der unter Kaiser Claudius 50 n. Chr. gegründeten Stadt Köln römische Bürgerrechte.

Bild
Beschreibung:
Fred Uhlman „Landschaft mit Erhängten“
aus „Captivity“ (1940)
Copyright: The Estate of Fred Uhlman
Quelle: Staatsgalerie Stuttgart

Dieser Beitrag von mir erschien in ähnlicher Form erstmals im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg am 7. Mai 2021 auf Seite 30 unter „Landeskundliche Momente“.