Salat der Zukunft wächst Indoor
Die Universität Osnabrück geht voran mit einem neuen Forschungszentrum für futuristischen Pflanzenanbau. Das Herzstück des geplanten Gebäudes bildet eine „Vertical Farm“ im Inneren. Sie soll alternative und nachhaltige Ansätze für die künftige Ernährung der Menschheit liefern.
Klassische Landwirtschaft auf weiten Äckern im ländlichen Raum war gestern. Die Hoffnung für die Zukunft richtet sich, angesichts des globalen Bevölkerungswachstums, auf platzsparenden, etagenartigen Pflanzenanbau in hohen Gebäuden. Quasi ein Wandel von Outdoor zu Indoor.
Bereits seit Jahren werden neue Konzepte des sogenannten „Vertical Farming“ weltweit erkundet. Nun hat die Universität Osnabrück hierzu mit dem Aufbau eines neuen Forschungszentrums begonnen, dessen Motto „Agrarsysteme der Zukunft“ lautet. Das Besondere daran ist ein Indoor-Pflanzenanbau, der weder Sonnenlicht noch Regenwasser benötigt.
Osnabrücker Kubus-Bau mit Dachgewächshaus
Bei ihrem aktuellen Besuch der Universität am letzten Donnerstag konnte sich Barbara Otte-Kinast, Niedersachsens Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, persönlich über den Stand des Forschungsprojektes informieren. Dessen Baukosten werden auf rund vier Millionen Euro geschätzt. Sie kommen hauptsächlich aus Fördermitteln des EU-Fonds für regionale Entwicklung sowie des Landes Niedersachsen.
Entstehen soll ein dreistöckiger Kubus aus Beton, den oben auf dem Dach ein 160 Quadratmeter großes Gewächshaus krönt. In dessen Innerem wird eine zweigeschossige Farm vertikal „beackert“. Dazu gehören ein Labor sowie separate Räume für Anzucht und Kultivierung, die sich getrennt voneinander klimatisieren lassen.
Pro: platzsparend und konstante Qualität
Auf diese Weise benötigt der Anbaubetrieb wenig Grundfläche und liefert den Pflanzen das ganze Jahr über konstante Umweltbedingungen. Dies beinhaltet Licht, Luftfeuchte und Temperatur, ebenso wie die Versorgung mit Nährstoffen und Wasser.
„Zugleich bietet das Kreislaufsystem dieses Konzeptes die effiziente Nutzung von Ressourcen und Energie“, erläutert Professor Andreas Ulbrich von der Universität Osnabrück. Dadurch könnten Qualität, Regionalität und Nachhaltigkeit in einem System verbunden werden. Außerdem ließe sich der Ertrag durch Vertical Farming gegenüber konventionellem Ackerbau vervielfachen.
Contra: hohe Stromkosten
Um den vertikalen Anbau in Gebäuden herrscht längst ein globaler Wettstreit. Leider aber haben die meisten bisherigen Konzepte ein großes Manko: der hohe Stromverbrauch durch die künstliche LED-Beleuchtung. Deshalb beschränken sich viele Produzenten auf schnell wachsende Blattgemüse, deren Anbau weniger Strom verbraucht als etwa der von Getreide.
Im Beitrag „Agrarindustrie: Die Senkrechtstarter“ nennt Autor Justin Wolff in der Wochenzeitung „Zeit“ als Beispiel hierfür das US-Unternehmen „AeroFarms“ aus New Jersey. In dessen 2.300 Quadratmeter großen Indoor-Vertical-Farm werden unter LED-Licht demnach täglich sage und schreibe 10.000 Salatköpfe geerntet!
Beispiel EXPO 2020 in Dubai
Ein anderes internationales Beispiel für groß angelegtes Vertical Farming liefert derzeit Dubai. Anlässlich der dort stattfindenden EXPO 2020, die wegen Corona erst nächstes Jahr im Oktober starten soll, haben sich das Emirates Flight Catering aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und die innovativen Farmer von Crop One aus den USA für ein gigantisches Joint Venture zusammengeschlossen.
Um die Weltausstellung mit frischen Salaten zu versorgen, entsteht vor Ort in Dubai auf rund 12.000 Quadratmetern die größte Vertical Farm der Welt. Sie soll mit einem minimalen Wasserverbrauch und ganz ohne chemische Pflanzenschutzmittel auskommen. Zudem profitiert die Anlage vom Solarstrom, der sich in Dubai besonders günstig produzieren lässt.
Ausblick
In sonnenärmeren Weltregionen wie in Deutschland ist es nicht möglich, vertikale Farmen mit solch günstiger Solarenergie zu versorgen. Aber vielleicht gelingt es dem neuen Forschungszentrum in Osnabrück, die durch künstliches LED-Licht verursachten Stromkosten auf andere Weise zu minimieren. Und damit einen Weg zu ebnen, auf dem sich pflanzliche Lebensmittel für künftige Generationen noch nachhaltiger produzieren lassen.
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